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Im Oktober 2021 trat ich meinen ersten – und sicherlich nicht letzten – Bildungsurlaub an, der mich in die kleine Stadt Bacharach im Mittelrheintal führte und eine Kombination aus Wandern sowie Seminarinhalte zum Thema Stressmanagement bot.
Was genau unter Bildungsurlaub zu verstehen ist, wer Anrecht auf diesen hat und wo du entsprechende Angebote findest, erfährst du in diesem Beitrag.
Nachdem ich bereits im Jahr zuvor einen Bildungsurlaub gebucht hatte, der pandemiebeding abgesagt wurde, versuchte ich dieses Mal meine Vorfreude auf eine Woche außerhalb der gewohnten vier Wände, das Entdecken einer neuen Region, dem Ankommen bei mir und fernab sein von der Arbeit etwas zu dämpfen, da eine erneute Absage nicht auszuschließen war.
Das Angebot von Let’s Flow hatte mich sofort fasziniert, da es viel Bewegung in Form von Wanderungen und zugleich Seminarinhalte mit psychologischem Schwerpunkt versprach. Das Motto Hike away from stress fühlte sich zu diesem Zeitpunkt mehr als passend für mich an. Zugegeben, war der Wanderaspekt für mich ausschlaggebend und ließ mich meine Vorbehalte bzgl. der Erfahrung des Zusammenseins mit einer neuen Gruppe in den Hintergrund rücken.
Nach einer sehr freundlichen und verbindlichen Kommunikation mit Dennis vom Let’s Flow-Team entschied ich mich, für den Bildungsurlaub quer durch das Land an den Mittelrhein zu reisen und mir eine bis dato gänzlich unvertraute, aber sehr ansprechend wirkende, Region anzuschauen.
Letzte Vorbereitungen
Der Bildungsurlaub bot mir einen Vorwand, mich noch einmal mit meiner aktuellen Outdoor-Kleidung zu beschäftigen – und Bestellungen aufzugeben. In der Vergangenheit war ich zumeist mit Jeans gewandert, auch in den Bergen. Dies war früher vor allem aus Kostengründen passiert – andere Zungen nennen es auch falschen Geiz. Zumindest nutzte ich nun den Anlass, mir eine leichte Wanderhose zu kaufen. Während ich ansonsten kein großer Shopping-Fan bin, kann ich mich bei Decathlon, sowohl vor Ort als auch online, stundenlang verlieren. Aber ich schweife ab.
Bzgl. der Anreise gönnte ich mir den Luxus, das Auto zu benutzen und kombinierte den Hin- und Rückweg mit jeweils einer Nacht, die ich bei Freunden in meiner Heimat zur Zwischenübernachtung verbrachte. Zum Bildungsurlaub hatte ich die Anreise am Vortag gebucht, um mir am Starttag ein frühes Aufstehen und möglichen Stress durch Staus zu ersparen. Und vor allem, um selbst in Ruhe anzukommen und auf eine kleine Entdeckungstour alleine zu gehen. Um mir vor Ort das Einkaufen zu ersparen – oder die Enttäuschung, dass es mein Lebenselixier (Paulaner Spezi) nicht gibt – belud ich den Wagen vorab mit Getränken für die Woche. Dann konnte es losgehen.
Ankunftstag
Nach einigen Serpentinen gelangte ich in das beschauliche Städtchen Bacharach, welches unmittelbar am Rhein liegt. Knapp 3km entfernt von diesem befand sich im eher verschlafenen Teil des Ortes die Unterkunft, welche sich am Fuße der Burgruine Stahlberg befindet.
Gemeinsam mit einigen Mitgliedern des Let’s Flow-Teams erkundete ich das verwunschen wirkende Haus. Die individuelle Gestaltung der Zimmer war beeindruckend, jedes verfügte über ein eigenes Badezimmer, zum Teil sogar mit eigenem Balkon und hatte individuelle Besonderheiten. Die Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss waren wie die Außenterrasse ebenfalls recht beeindruckend, die Küchenfliesen ließen einen vermuten, gerade eine Zeitreise zu unternehmen.
Nach einer kurzen gegenseitigen Vorstellung zogen die Teammitglieder wieder von dannen in ihr eigenes Ferienhaus in der nächsten Straße. Mich drängte es zu einer abendlichen Entdeckungstour des Ortes. Entlang der Weinberge ging es hinunter in das knapp 2.000 Einwohner zählende Städtchen, das mich mit seinen Fachwerkhäusern und seiner Ursprünglichkeit sofort verzauberte. Als sich mir der Blick auf den Rhein erstmals in seiner vollen Pracht zeigte, raubte es mir kurz den Atem. Nicht umsonst zählt Bacharach als Teil des Oberen Mittelrheintals zum UNESCO-Welterbe. Anstelle einer längeren Wanderung entschied ich mich, das Panorama am Rhein sitzend – und wie könnte es anders sein – mit meiner Spezi zu genießen.
Auf dem Rückweg lief ich ein Stück durch die Weinberge und genoss den phänomenalen Ausblick auf die Burg Stahleck (nicht zu verwechseln mit der Ruine Stahlberg) sowie den Rhein. Das Foto, welches ich zuvor auf der Homepage von Let’s Flow gesehen hatte, wurde von der Realität deutlich getoppt. Die wenige Zeit, die ich unterwegs war hatte bereits gereicht, um meine Freude und den Zauber am Entdecken neuer Regionen zu entfachen. Es ist ein ganz eigenes Gefühl, bei mir oftmals dadurch spürbar, dass ich vollends achtsam in diesen Momenten bin, merke, dass sich meine Muskulatur entspannt, sich ein leichtes Lächeln auf meinem Gesicht auftut und ich mich zufrieden fühle.
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Die Rückkehr ins Haus bei Dunkelheit mutete etwas gespenstisch an, da ich noch einige Stunden das knapp 300qm große alte Haus, das sich auf 3 Etagen verteilte, für mich alleine bewohnte – auch wenn die knarzenden Dielen, mir das Gefühl vermittelten, es könnten noch andere Geister anwesend sein. Als abends noch eine weitere Seminarteilnehmerin anreiste, freute ich mich sehr. Nachdem ich ihr das Haus gezeigt hatte, klönten wir noch eine Weile, ehe jeder den Abend für sich selbst ausklingen ließ. Wir beide waren doch recht froh, die Nacht in diesem Haus nicht alleine zu verbringen, da die Zimmer auch nicht abzuschließen waren. Ich schlief trotzdem herrlich.
Am Folgetag startete das Programm des Bildungsurlaubs erst gegen Nachmittag, sodass noch ausreichend Zeit für das eigene weitere Entdecken der Umgebung zur Verfügung stand. So streifte ich durch die Gegend, ging zu der Burgruine Stahlberg hinauf und ließ mich ein ums andere Mal faszinieren, auch von dem Nebel, der den Rhein und die Weinberge kurzzeitig verschwinden ließ, ehe später der blaue Himmel und die Sonne sich ihren Weg erkämpften.
Der Bildungsurlaub – Let’s flow
Erstes Kennenlernen
Der offizielle Start des Bildungsurlaubs verlief recht angenehm, von Beginn an empfand ich die Atmosphäre als entspannt und recht locker. Hierzu trug das junge und sehr dynamische Team von Let’s Flow (drei feste Trainer sowie zwei Praktikantinnen) sicherlich ebenso bei wie die kleine Teilnehmerzahl von 8 Personen. Anstatt in dem Gruppenraum lange Zeit zu verweilen, verließen wir bereits an diesem Nachmittag die Unterkunft.
Die obligatorischen Übungen zum Kennenlernen führten wir zwar auch durch, jedoch in modifizierter und dadurch für mich deutlich angenehmerer Form. Ich möchte nicht abstreiten, dass die Atmosphäre meine Empfindung stark beeinflusste: Wir befanden uns bei Sonnenschein auf der Ruine, der im 12. Jahrhundert erbauten Burg Stahlberg, von der u.a. noch das Burgtor, die Ringmauer sowie der Ringturm erhalten sind.
Abends wurde die Gemeinschaftsküche direkt zur gemeinsamen Vorbereitung des Essens genutzt. Das Team von Let’s Flow hatte die Verpflegung für die gesamte Zeit sowohl für Frühstück als auch Abendessen bereits besorgt (Hut ab für die genaue Planung, die einen erneuten Einkauf nicht notwendig machte).
Tagesroutine
Gegen 7.00 Uhr fanden wir uns – mehr oder weniger ausgeschlafen – wieder in der Küche zusammen. Zu dieser Uhrzeit direkt mit so vielen Personen zusammenzutreffen, war für mich etwas ungewohnt. Die Freude an einem gut gedeckten Tisch das gemeinsam vorbereitete Frühstück einzunehmen, überwog jedoch in der Regel.
Im Anschluss, gegen 8.00 Uhr, startete die offizielle Seminarzeit. Diese bestand allmorgendlich mit dem Betreten des Gartens und verschiedenen Achtsamkeitsübungen kombiniert mit kleinen Bewegungseinheiten. Die frische Morgenluft weckte die Lebensgeister, sodass die im Anschluss im Innenraum vermittelten Seminarinhalte gut aufgenommen werden konnten.
Gegen Mittag starteten die Touren zur Entdeckung der Umgebung, ehe nachmittags der zweite Seminarpart folgte und nach einer kurzen Pause die Vorbereitungen zum Abendessen.
Die Teilnahme an den Essen basierte auf Freiwilligkeit, zumeist nahmen wir die Mahlzeiten tatsächlich alle gemeinsam ein und jeder fand bei den Vorbereitungen oder dem Abräumen eine Tätigkeit zur Unterstützung. Insgesamt ließ ich mich von dem Gemeinschaftsgefühl stark anstecken und genoss den Austausch und die Gespräche, die den Raum füllten.
Anschließend verbrachte ein Großteil von uns die Zeit mit Spielen, so wurde am Nachbartisch Doppelkopf gespielt (oder anderen beigebracht), während an meinem u.a. Uno und Wizzardkarten abgelegt wurden. Auch angenehme Gespräche fanden ihren Platz. Die Let’s Flow-Crew mischte sich auch unter die Mitspieler und steckte mit ihrer Lebendigkeit trotz ihrer langen Diensttage an. Ich genoss es, immer mal wieder auf die Terrasse zu treten und den so sternenklaren Nachthimmel zu beobachten und kurzzeitig die Stille zu genießen.
Die Wanderungen
Unsere erste gemeinsame Wanderung führte uns bei strahlendem Sonnenschein über die Römerstraße, vorbei an der Burg Stahleck und retour durch die Weinberge. Hierbei konnten wir die Weinlese beobachten und auch die eine oder andere Weintraube naschen.
Nachfolgend kannst du unsere Tour inklusive einiger Fotos nachempfinden.
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Am Folgetag orientierten wir uns am blauen Esel, der sich auf den Wanderkarten der Region bzw. auf den Markierungen am Wegesrand finden lässt. Es handelt sich hierbei um den sog. „Panoramarundweg“. 7 Touren unterschiedlicher Länge finden sich in dieser Form für die Stadt Bacharach, sechs von ihnen werden durch verschiedenfarbige Esel symbolisiert. Letztere finden sich in unterschiedlicher Form häufiger im Stadtbild und in der Vergangenheit wurden wohl auch die Einwohner über die Grenzen der Region hinaus als Esel bezeichnet. Dies war jedoch weniger despektierlich gemeint, sondern ging vielmehr darauf zurück, dass Eselstuten ab dem 19. Jahrhundert zunehmend für die beschwerliche Arbeit in den Weinbergen eingesetzt wurden und ein Großteil der Einwohner selbst über Esel verfügte. Diese Tour bot weniger Sonnenschein als am Tag zuvor und im Vergleich zum Vortag fehlte etwas der Wow-Effekt.
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Eine sehr beeindruckende Tour unternahmen wir am Donnerstag, als wir nach Trechtingshausen fuhren und unterhalb der Burg Rheinstein starteten. Begleitet von Nebel folgten wir dem Soonwaldsteig, entlang des Morgenbachs, passierten Etappen des Rheinhöhenweges, beschritten eine Hängebrücke und durchwanderten die Kreuzbachklamm. Die Kulisse war märchenhaft, teils umgab uns dichter Nebel, der die Wälder noch spannender gestaltete. Die Aufzeichnung bei komoot ist leider auf den ersten Kilometern etwas fehlerhaft.
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Während unserer Wanderungen konnte jeder in seinem Tempo laufen, so liefen wir teils schweigend, teils in Gespräche vertieft, mal gemeinsam oder in größerem Abstand voneinander. Die Trainer leiteten immer wieder Achtsamkeitsübungen an, schulten unseren Blick für die Umgebung und den Moment. Beispielsweise war es unsere Aufgabe an einem Punkt während der Wanderung schweigend Gegenstände zu suchen. Diese stellten wir anschließend kurz gegenseitig vor und erlebten so den Zauber den die Natur so hinterlässt. An anderer Stelle, ging es um das Wandern für einige Zeit in Stille, dann wiederum angeleitete Achtsamkeitsübungen.
Es stand uns frei, die Wanderungen abzukürzen, was meiner Erinnerung niemand in Anspruch nahm oder uns von der Gruppe zu entfernen und die Tour selbstständig zu verändern.
Die Seminarinhalte
Die Seminarinhalte vor Ort wurden ansprechend vermittelt. Bei den Vorträgen bestand die Möglichkeit zur Interaktion, kleine Gruppenaufgaben und vor allem die Selbstreflektion gehörten zu den weiteren Bestandteilen. Der Austausch untereinander war durchweg wertschätzend, das Einbringen der unterschiedlichen Perspektiven aus den Berufsfeldern und Erlebnissen führte auch zur Reflektion über das eigene Arbeitsumfeld. Viele der Teilnehmer schienen von den Inhalten und Vorschlägen zur Entlastung im Arbeitsalltag sehr zu profitieren. Aufgrund der Aufteilung der Seminarinhalte in Vormittags- und Nachmittagsdidaktik, unterbrochen von den Wanderungen, war die Theorievermittlung zumeist recht kurzweilig. Das Team von Let’s Flow war hochmotiviert und versprühte durchweg gute Laune.
Erkenntnisse
Dass ich zum Thema Stress aufgrund meines Psychologie-Studiums und meiner Weiterbildungen inhaltlich kaum etwas Neues mitnehmen würde, hatte ich bereits vor Buchung des Bildungsurlaubs erwartet. Der Blick, den ich auf meine und die Arbeit meiner Kollegen durch den Austausch mit den anderen Teilnehmern aus ganz anderen Branchen erhielt, verdeutlichte mir das Spannungsfeld sowie die besondere Lage unserer alltäglichen Herausforderungen, die größtenteils nicht in unserer Kontrolle liegen. Der Bildungsurlaub führte zu tiefergreifenden Reflektionen im Anschluss hinsichtlich meiner beruflichen Tätigkeit.
Die Wanderungen hätten für mich persönlich noch deutlich länger ausfallen können, in der Kombination mit den Seminarinhalten, hat es zeitlich jedoch gut gepasst. Wir führten als erste Gruppe den Bildungsurlaub in dieser Unterkunft und Region durch, wodurch die Routen nicht nur für uns sondern auch durch das Let’s Flow-Team neu entdeckt wurden.
Ich traf auf einen Menschen, mit dem Gespräche entstanden, die vermutlich nur geführt wurden, weil die Endlichkeit der gemeinsamen Zeit, eine tiefere Offenheit beflügelte. Und die genau für diesen Augenblick sehr passend waren und nachwirkten. Mit anderen führte ich oberflächlichere Gespräche, die dennoch nicht weniger angenehm waren. In diesem neuen Kontext konnte ich mich selbst als deutlich aufgeschlossener und kommunikativer wahrnehmen, als ich mich selbst zuvor beschrieben hätte. Es war eine neue Erfahrung für mich, das Beisammensein – auch bei den Essen – zu genießen.
Für mich selbst nahm ich mir ebenfalls Zeit, genoss es zu lesen und die Umgebung auf mich wirken zu lassen. Die gegenseitigen, teils offenen, teils anonymen, Rückmeldungen zu unserer Person aus der Gruppe zum Abschluss empfand ich als sehr positiv, weiterführend und hilfreich.
Für mich bedeutet dies, dass ich definitiv erneut einen Bildungsurlaub machen möchte, vor allem in Kombination mit Bewegung. Ich bin dankbar für diese positive erste Erfahrung. Leider gibt es dieses Jahr noch keine neuen Seminarinhalte bei Let’s flow für den Wanderbildungsurlaub, sonst hätte ich sehr gerne mit ihnen die nächsten Orte unsicher gemacht.
Facts
- Wo? Bacharach (Landkreis Mainz-Bingen, Mittelrheintal, Rheinland-Pfalz)
- Wann? 24.10.-29.10.2021
- Kosten? 800 € für Seminar, Verpflegung und ÜN im EZ (Anbieter: Let’s Flow), zzgl. ca. 120€ Sprit