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„Wenn du sonst nichts zu tun hast“ oder auch „Das wäre ja nichts für mich“ waren zu Beginn die häufigsten Reaktionen, auf meine Ankündigung, im Oktober 2019 an einer Langstreckentagestour teilzunehmen. Und dies bezog sich weniger auf die geplante Jahreszeit als auf die Distanz von 55 km, die es in zwölf Stunden zu erwandern galt. Was genau ist der Mammutmarsch und wie es soweit kommen konnte, dass ich diesen tatsächlich antrat?

Ablauf Mammutmarsch

Beim Mammutmarsch handelt es sich um eine organisierte Gruppenveranstaltung. In verschiedenen Orten Deutschlands werden Events in der Regel mit einer Gesamtlänge von wahlweise 30, 55 oder 100km angeboten. Es gibt verschiedene Startgruppenzeiten, damit sich die Teilnehmer auf der Strecke besser verteilen.

Unterwegs gibt es mehrere Verpflegungsposten, an denen kostenlos der Getränke- und Energiehaushalt aufgefüllt oder auch andere menschliche Bedürfnisse gestillt werden können. Von Obst, Suppen über Schokocroissants und magnesiumhaltige Getränke – hier sollte jeder fündig werden. Alle, die das Ziel erreichen, erhalten neben einer Finisher-Medaille und einer Urkunde, die die erwanderte Zeit beinhaltet, auch noch ein Zieleinlaufgetränk.

Wer mag kann sich im Vorfeld zudem mit einem passenden Mammutmarsch-T-Shirt oder Hoodie eindecken. Weiterhin lässt sich die Teilnahme an den Märschen in einem eigenen Heft dokumentieren, sodass du nach mehreren Märschen zudem einen extra Patch erhalten kannst. Quasi als Super-Mammut-Teilnehmer.

Motivation

Die Motivation der Teilnehmenden variiert, für einige gehört es mittlerweile zum festen Bestandteil des Jahres, sie sind schon des Öfteren über ähnliche Distanzen gelaufen. Andere wiederrum versuchen ihre Zeit zu verbessern, während Newbies die Herausforderung suchen. Zu spüren, dass unser Körper und Geist viel leistungsfähiger sind als gedacht, ist ein unbeschreibliches Gefühl. Oftmals ist es weniger der Körper als unser Mindset, das uns ins Ziel kommen lässt. Wie beeindruckend dies gelingt, erlebte ich hautnah bei meiner Begleitung.

Ich selbst wollte mich herausfordern und zugleich etwas Neues ausprobieren. Nachdem das Jahr von einigen Schicksalsschlägen geprägt war, wollte ich es mit besonderen, positiven Erlebnissen, bereichern. Für mich hieß es weitergehen in diesem Jahr, ganz gleich, was das Leben noch so bereit hielt. Da schien dies eine schöne Form zu sein. Und weil ich dieses Erlebnis gerne mit der Person teilen wollte, die mich auch sonst häufig auf meinen Wegen begleitet, schenkte ich ihr einfach zum Geburtstag ein Ticket zur Teilnahme – natürlich ganz uneigennützig. Geschenke lassen sich ja schwer ablehnen und so.

Vorbereitung

Sicherlich wäre es schlau gewesen im Vorfeld ein paar längere Wanderungen zu unternehmen und sich an die Distanz heran zu tasten. Aus meinen Urlauben im Allgäu wusste ich, dass ca. 34 km auch ohne Training für mich keine besondere Herausforderung darstellten. Bewusste Erinnerungen über längere bereits absolvierte Strecken, hatte ich jedoch nicht. Für meine Begleitung wäre bereits das Knacken der 30km-Distanz eine Höchstleistung.

Aufgrund diverser Umstände beschränkten sich unsere Vorbereitungen jedoch auf die Spaziergänge im Alltag, sodass wir noch nicht einmal an den 20km im Vorfeld kratzten. Es sollte also spannend werden. Während mich der frühe Startbeginn am anderen Ende Berlins etwas beunruhigte (Langschläfer) und der Gedanke an dicke Blasen, war meine Begleitung bzgl. der Essensversorgung etwas besorgt. Dies erwies sich als positiv, da ich durch sie immerhin auf die Idee kam, mich damit überhaupt zu beschäftigen. Eine Stirnlampe organisierte sie dankenswerterweise für mich mit. Und dann ging es auch schon fast los. Bzgl. der Bekleidung entschied ich mich für einfache Laufschuhe sowie eine gemütliche Hose sowie eine SoftShell-Jacke.

Im Vorfeld hatten wir abgesprochen, dass es natürlich wünschenswert sei, gemeinsam ins Ziel zu kommen, es aber Priorität habe, dass jede von uns in ihrem eigenen Tempo laufe bzw. im Falle eines frühzeitigen Abbruchs, die andere weiterlaufen würde. Meine Wanderpartnerin war zunehmend die zuversichtlichere und ehrgeizigere von uns beiden. Ich freute mich auf das Besiegen meiner inneren Grenzen. So die Vorstellung.

Unterwegs auf dem Mammutmarsch

Am frühen Samstagmorgen starteten wir mit dem Auto in Richtung Köpenick. Unterwegs wurde es noch einmal kurz spannend, als zwei Lampen im Wageninneren zu leuchten begannen. Wir schafften es jedoch zum Ziel, wenn auch mit etwas Anspannung meinerseits. Der Wetterbericht, den wir zuvor mit Argusaugen beobachtet hatten, enttäuschte uns nicht. Im Gegenteil, Sonnenschein und für Ende Oktober recht milde Temperaturen waren angesagt. Als wir gegen kurz vor 7.00 Uhr jedoch am Müggelsee ankamen, war von diesen noch nicht sonderlich viel zu spüren. Zugleich bot der Sonnenaufgang jedoch ein tolles Panorama. Die Atmosphäre mit den anderen Teilnehmern am Strand verteilt, wartend auf das Startsignal, zog uns direkt in den Bann.

Auf den ersten Kilometern war ich mir doch recht unschlüssig, ob die Entscheidung, meine dickere Jacke im Auto zu lassen, sonderlich klug gewesen sein. Aber was nützte es sich zu grämen, mit zunehmender Bewegung und stärkerem Sonnenschein war dieser Gedanke sowieso obsolet. Knapp 18 Grad Ende Oktober – was für ein Glück!

Zu Beginn war das Teilnehmerfeld noch recht dicht beieinander, spätestens nach dem ersten Versorgungspunkt an Kilometer 17 verteilte es sich jedoch zunehmend. Inmitten von so vielen wanderbegeisterten Menschen unterwegs zu sein, war ein gutes Gefühl. Die Stimmung sehr entspannt. Vom Tempo harmonierten meine Begleitung und ich, nur dass ich etwas ungeduldig wurde, als sie an Verpflegungspunkt 1 eine Pause einlegen wollte und ich am liebsten direkt weitergelaufen wäre. Letztlich arrangierten wir uns und legten die weitere Distanz harmonisch zurück. Dies sollte sich auf den weiteren Kilometern auszahlen, da ich alleine vermutlich in einem deutlich schnelleren Tempo zu Beginn unterwegs gewesen wäre, was ich auf die Dauer nicht hätte halten können.

Die Stimmung war ausgelassen, eine kurze Rast an einem weiteren Verpflegungspunkt in der Sonne sitzend war Balsam für die Seele. Mittlerweile hatten wir beide den Anspruch, diesen kleinen Mammutmarsch abzuschließen. Zugleich machten sich die ersten Wehwehchen bemerkbar. Bei der einen waren es die Knie, bei der anderen die Schultern. Aber weiter ging es, entlang einer bezaubernden Strecke und getragen von dem Glück, einen so herrlichen Herbsttag erwischt zu haben.

Kurz vor Kilometer 37 erwarteten uns die Treppen zum Müggelturm. Während hier meine Begleitung vorlief, hatte ich sehr zu kämpfen. Meine zu dem Zeitpunkt noch aktiv geteerte Raucherlunge fand es absolut nicht nachvollziehbar, weshalb ich nun auch noch meinte, bergauf laufen zu wollen. Nachdem ich zuvor immer aufs Gas drücken wollte, lief ich nun mit sehr angezogener Handbremse die Treppen hinauf. Oben angekommen spürte ich dann den Kreislauf und fürchtete bereits, dass dies meinen Abbruch bedeuten könnte. Aber nix da, es sollten nur noch wenige Kilometer zum nächsten Verpflegungspunkt sein, da könnten wir uns kurz regenerieren. Dies erwies sich als richtige Entscheidung.

Der Little Mammut bewies wieder einmal, dass weder Alter, Geschlecht noch Gewicht etwas darüber aussagen, wie fit Menschen sind. Die Leichtigkeit mit der sich viele fortbewegten, bewunderte ich sehr.

Nach der Pause – ich hatte wohlweislich dem Drang widerstanden, meine Schuhe auszuziehen – setzte sich der Weg weiterfort. Allmählich spürte ich, dass wir bereits etwas länger auf den Beinen waren. Meine Begleitung kämpfte zunehmend mit Schmerzen an verschiedenen Körperstellen, wohingegen ich kaum etwas merkte. Die Beobachtung von ein paar Rehen lenkte uns ab. Mal liefen wir kurzzeitig schweigend, dann wieder in Gespräche vertieft, machten Späße. Ich wusste, warum ich mit meiner Begleitung dieses Erlebnis hatte unternehmen wollen.

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Die einsetzende Dämmerung und später hereinbrechende Nacht führte zu leichten Erschwernissen. Vor allem die letzten fünf Kilometer führten nahezu schlicht geradeaus durch den dunklen Wald. Immer wieder kämpfte meine Begleitung gegen das Aufgeben, wozu ich ihr bereits geraten hatte, da ihre körperlichen Schmerzen sehr stark wurden und ich mich um sie sorgte. Aber wo ein Wille, da ein Weg. Ein sehr beschwerlicher, aber immerhin. Wir kämpften uns also gemeinsam weiter. Ich persönlich hatte mittlerweile das Gefühl in einem Tunnel zu sein. Die Waldstrecke bei Nacht empfand ich als etwas eintönig. Den Sternenhimmel wiederum als wunderschön. Und die Gesprächsfetzen bzw. Musikfetzen der Menschen um uns herum als gelungene Abwechslung. So erlebten wir mit, wie andere an ihre Grenzen gelangten, sich gegenseitig aufbauten und motivierten und andere – uns blieb vor allem ein Paar im höheren Lebensalter im Kopf, die Musik abspielten und vollkommen entspannt liefen – noch nicht einmal ansatzweise Erschöpfungssymptome zeigten.

Die Stirnlampen bahnten uns allen den Weg, sicherlich wäre dies von oben eine tolle Aufnahme gewesen, wie eine Armada von Glühwürmchen, die sich über diesen langen geraden Weg bewegten.

Im Ziel

Und dann lag das Ziel nur noch wenige hundert Meter von uns entfernt. Und schon liefen wir durch die Ziellinie bzw. humpelte meine Begleitung eher. Wir holten die Urkunden und unsere Finisher-Getränke. Hingen noch kurz jede ihrer eigenen Gedanken nach und blickten mit Stolz auf die vergangenen Stunden zurück.

Als ich am nächsten Morgen erwachte, fürchtete ich mich vor dem Aufstehen. Schließlich ging ich davon aus, die Folgen des gestrigen Tages zu spüren. Aber rein gar nichts. Keine Blase, keine sonstigen Beschwerden. Anstatt mich hierüber zu freuen, musste ich mich erst einmal anhand der Medaille vergewissern, dass ich mir den Vortag nicht eingebildet hatte. Draußen regnete es in Strömen und es hatte sich merklich abgekühlt.

Meine Begleitung hatte weniger Glück, sie konnte kaum laufen, ihre Zehen wurden in den Folgetagen blau und seit dem Tag hat sie bei längerer Belastung Kniebeschwerden. 

Fazit

Der Little Mammut war sowohl für meine Begleitung als auch mich eine wichtige Erfahrung, er brachte uns an unterschiedliche Grenzen und wir nahmen viel von diesem Tag mit. Ich entdeckte meine Freude am Laufen neu und wusste, dass dies definitiv nicht meine letzte Langstreckenwanderung gewesen sein sollte. Auch wenn bis zum nächsten Mal knapp drei Jahren vergehen sollten. Und irgendwann werden auch die 100km in Angriff genommen.

Sich eigenen Grenzen zu stellen bzw. herauszufinden, wo diese liegen, ist eine wichtige Erfahrung. Solltest du auch Lust bekommen, gelangst du hier zur Mammutmarsch-Teilnahme.

Alternative Anbieter

Neben dem Mammutmarsch gibt es viele andere Anbieter, die an unterschiedlichen Orten Deutschlands sowie Europa die Möglichkeiten bieten, die eigenen Limits zu erkunden. In diesem Jahr werde ich den Megamarsch in Angriff nehmen. Der folgende Blog hat eine Übersicht erstellt für die verschiedenen Veranstaltungen, zum einen über 24-Wanderungen sowie über kürzere Distanzen.

Facts:

Wo: Berlin-Köpenick

Wann: 26.10.2019

Anbieter: Mammutmarsch, Little Mammut (55km)